Das Phantom vom Millerntor

Das Phantom vom Millerntor

Gestern waren Sarah Lee Heinrich, Wolfgang M. Schmitt und Ole Nymoen auf Einladung der "Rosa Luxemburg Stiftung" zu Gast im "Ballsaal Haupttribüne" beim FC. Sankt Pauli.

Thema der Veranstaltung: "Jeder ist seines Glückes Schmied." Mehr dazu hier:

«Jeder ist seines Glückes Schmied?» - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Eine Veranstaltung mit Wolfgang M. Schmitt, Ole Nymoen und Sarah Lee Heinrich

Mist! Schon gegen Mittag ist die Veranstaltung ausverkauft. Egal, trotzdem hin!

Der netteste Security-Mann der ersten Bundesliga lässt all die Menschen ohne Tickett kurz warten, verbreitet warme Worte gegen beißende Kälte (Minus zwei Grad, auf Bäumen, Geländern und Millerntor-Tribünen gefriert Nebel, der im Stadionlicht schwefelgelb schimmert) und lässt dann kurzerhand alle rein: "Herzlich Willkommen! Viel Spaß!" So geht linke Türpolitik.

Was ist denn das bitte hier für eine wunderbare Geheimhöhle? In den mysteriösen Hohlräumen des brutalistischen Stadionklotzes versammeln sich etwa 500 Gäste. (Notiz an mich selbst: Netflix-Treatment über linke Geheimloge ausarbeiten, Titel: "Das Phantom vom Millerntor").

Moderator Sebastian Friedrich schaut erstaunt in die Runde und sagt: "Wow! Normalerweise erscheinen bei einer linken Veranstaltung nicht mehr als 50 Leute." Na also, so hoffnungslos scheint die Lage der Linken wohl doch nicht zu sein.

Die drei Gäste plädieren dafür, den Leistungsbegriff nicht vollkommen zurückzuweisen, sondern ihn ganz neu zu definieren. Leistung müsse dem Gemeinwohl zuträglich sein. Erschrockene Gesichter: Und was ist mit dem Recht auf Faulheit?

Unbeirrt führt Wolfgang M. Schmitt aus, Leistung sei ja nicht an sich schlecht. Er zum Beispiel sei jemand, der beim gemeinsamen Gang durch die Stadt seine Freunde immer zu mehr Tempo anhalten würde. Sein Mantra: "Los, schneller! Im Krieg wären wir schon längst erschossen worden."

Schmitt schlägt vor, dass die Linke den Leistungsbegriff strategisch nutzen sollte. Es sei nicht klug, den Menschen eine Utopie der Faulheit zu versprechen.

Schmitt: "Eine Linke sollte niemals sagen: 'Mit uns müsst Ihr nie wieder arbeiten.' Damit begeistert man die Menschen nicht - zum Glück. Der Mensch ist nicht dazu gemacht, wie eine Kuh auf der Weide zu stehen."

Nach Veranstaltungsschluss gefrorenen Raureif vom Fahrradsattel abwischen und schnell los in die nächste Pommesbude. Schön war's beim Phantom vom Millerntor. Gut, dass wir uns aufgerafft haben. Leistung lohnt sich eben doch.